top of page
Search By Tag:
Stay In The Know:

Der Sommerregen

Der Sommerregen

Ich erinnere mich an diesen Sommerregen. Es begann mit einer heißen und windstillen Mittagszeit, als sich im Südwesten schwarze Wolken auftürmten und die Luft wie eine kompakte Masse um mich stand.

Ich liebe diese Hitze, dieses viel zu seltene Wohlgefühl, wenn die Luft mit ähnlicher Temperatur und Feuchtigkeit wie mein Körper, diesen um schmeichelt.

Kurz vor dem Sommergewitter wurde ich von der Atmosphäre umarmt, von dem fehlenden Windhauch geküsst- er war extra stehen geblieben, presste mich an die warme Hochdruckwand und gab mir seine feuchtwarmen Avancen. Die schüchternen Poren meiner Haut öffneten sich und Feuchtes verschmolz mit Feuchtem, ich schwamm durch meinen Garten wie ein Tier, das zwischen den Elementen wechselt, im Wasser und in der Luft zuhause ist, ein Reptil, verdichtet zu einer pulsierenden warmblütigen Zwischenessenz. Düfte streiften mich so spürbar, wie die Wäschestücke auf der Leine, unter denen ich schwebte.

Die Damaszenerrose hielt ihre kleinen prallen Blüten warm empor- alte Rosenstockgene seufzten wohlig auf - Erinnerungen an persische Sommer, an das Rosenleben, wie es sein sollte- so war es gemeint: den eigenen Duft direkt in einen warmen gesättigten Kokon aus schwerer Sommerluft verströmen! Kein Windhauch weht ihn davon. Er wird gehalten dort und entfaltet seine Aura, sichtbar, hörbar fast und ich durchquere diesen Duftpalast, in dem meine geliebte Rose de Resht sich gerade hingibt.

Heckenrosen mit ihrem frischen Zitronenpudding – Energiefeld; der schwere und stechende Mantel des Wermuth und gleich daneben, süß wie Kirschen und ein wenig großmütterlich, der altroséfarbene Geruch des Phlox. So war das an diesem Tag.

Benommen und berauscht durchschritt ich Duftwelten, amphibische Verschmelzung auf trockener westfälischer Gartenerde, von ferne hörte ich das Dröhnen eines Mähdreschers, dass nervtötende Signal beim Rückwärtsgang, das Anschwellen von Maschinenlärm, der sich dann wieder entfernt, erträglicher wird.

Jetzt blicke ich gerade auf das Meer, vor mir weiße Mauern und Ziegelfarbe mit Dächern, Morgensonne, ein frischer Levante bringt den Duft von Jasmin-es ist so kühl, dass ich beim Schreiben Socken und Pullover trage-ach, wenn es immer so wäre, zuhause im Sommer wie an jenem Tag, bevor der Sommerregen kam- ich müsste nicht so weit nach Süden ziehen, könnte bleiben, es wäre genug.

bottom of page